Mama Talks - Katrin - Fotos by Pamela Rußmann
(c) Pamela Rußmann

2002, lange bevor sie selber Mutter wurde, hat die Fotografin Pamela Rußmann begonnen, schwangere Frauen zu fotografieren. Seitdem porträtiert sie Jahr für Jahr in achtsam vorbereiteten und ausgeführten Fotoshootings eine Vielzahl von Frauen und hat nicht nur ein enorm umfangreiches Bildarchiv aufgebaut, sondern sich durch die Beschäftigung und die vielen Gespräche mit schwangeren Frauen auch inhaltlich intensiv mit den Veränderungen und emotionalen wie seelischen Ebenen auseinandergesetzt.

Exklusiv für Salon Mama hat die Fotografin & Journalistin Pamela Rußmann nun eine Reihe konzipiert, in der sie ihre bisherige Arbeit des Fotografierens von schwangeren Frauen um eine Ebene erweitert, nämlich: das Wort.


In unserem zweiten Interview (hier könnt Ihr das Erste nachlesen) treffen wir die 32-jährige Katrin, die von Beruf Journalistin ist und kurz vor der Geburt Ihres zweiten Kindes steht.

  • Name: Katrin
  • Alter: 32
  • Beruf: Journalistin
  • Wievieltes Kind: zweites, erstes (Bub) wird im März 3 Jahre alt
  • Wohnort: Wien
  • Familienstand: verheiratet

Liebe Katrin, bald wirst du zweifache Mama sein – welches Wort passt am besten zu deiner zweiten Schwangerschaft?

„Anstrengend“. Das klingt jetzt sehr uncharmant, ist aber die ehrliche, spontane Antwort.

Inwiefern unterscheidet sich die zweite Schwangerschaft von deiner ersten – körperlich und emotional?

Die Schwangerschaft mit meinem Sohn war sehr entspannt, ich habe zwar anfangs ein wenig gebraucht, vor allem die körperlichen Veränderungen zu akzeptieren, aber ab dem zweiten Trimester hab ich mich in der Situation sehr wohl gefühlt. Die Schwangerschaft hat mich kaum eingeschränkt, mir ging es körperlich sehr gut.
Bei Nummer zwei kommt alles ganz anders daher: Mir war die ersten vier Monate sehr übel und bereits ab der Hälfte der Schwangerschaft hat mein Körper ziemlich nachgelassen, ich habe bis jetzt, etwa drei Wochen vor dem Geburtstermin, viel weniger Energie und Kraft und sogar den sprichtwörtlichen Zahn an die Schwangerschaft verloren. Das macht mir auch emotional zu schaffen, weil ich gerne alles selber mach und nur schwer akzeptieren kann, dass es bei manchen Dingen einfacher – und vor allem total okay ist -, um Hilfe zu bitten. Das ist wohl die erste Lektion, die mir meine Tochter beibringt, denn diesmal wird’s ein Mädchen.

Bekommt der Bauch von dir jetzt gleich viel Aufmerksamkeit wie damals? Oder ist man beim 2. Kind schon vom ersten Moment an routinierter auf allen Gebieten?

Ich versuche auf alle Fälle, dem Bauch dasselbe Maß an Aufmerksamkeit zu schenken. Vielleicht gerade weil diese Schwangerschaft mühsamer ist und der Alltag drumherum oft hektischer. Umso öfter versuche ich, mir bewusst Momente mit dem Kind in mir zu nehmen.

Was sagt dein Sohn zu der baldigen Ankunft eines Geschwisterkindes?

Er wird im März drei Jahre alt und ich war mir anfangs nicht sicher, wie weit er wirklich versteht, was da auch auf ihn zukommt. Tatsächlich hat er mich aber wirklich überrascht, wie liebevoll er von seiner Schwester spricht. Vor allem, dass er oft von sich aus zu mir kommt und dem Bauch Bussis gibt oder ihn umarmt oder mir erzählt, welches Spielzeug seine Schwester ausborgen darf, wenn sie da ist, finde ich wirklich schön.

Mama Talks - Katrin - Fotos by Pamela Rußmann
(c) Pamela Rußmann

Dein Mann und du, ihr seid beide im Journalismus tätig. Wie sieht euer Familienzeit/Arbeitszeit-Modell aus? Für welche Aufteilung habt ihr euch entschieden?

Die Karenz bei unserem Sohn haben mein Mann und ich uns 50-50 aufgeteilt, ich ein Jahr, er ein Jahr. Er hat von Anfang an klargestellt, dass er zwölf Monate zu Hause bleiben möchte. Er hat nach seinem Wiedereinstieg auch auf 30 Stunden reduziert, während ich Vollzeit arbeite. Auch bei Kind Nummer 2 werden wir das so handhaben, mit dem Unterschied, dass ich bereits nach dem Ende des Mutterschutzes tageweise wieder im Büro sein werde. Ich mag meinen Job sehr gerne und freue mich drauf, bald wieder einzusteigen. Und da mein Mann in Teilzeit ist, ist auch die Betreuung beider Kinder kein Problem.

Euer Modell ist keines, das die Mehrheit praktiziert. Musstest du dich als Vollzeit arbeitende Jung-Mama auch mal rechtfertigen, warum du nicht bei deinem Baby daheim geblieben bist? Stichwort „Rabenmutter“ und „man versäumt so viel wertvolle Zeit mit dem Kind“?

Offen hat mich nie jemand mit diesem Vorwurf konfrontiert. Ich denke aber, dass es in den Köpfen auch einen Unterschied gemacht hat, dass ich mein Kind nicht in einen Kindergarten „abgeschoben“ haben, sondern dass mein Mann daheim war. Das hat es natürlich auch für mich einfacher gemacht, gleich wieder Vollzeit einzusteigen: Es gab schließlich keinen Betreuungsplatz zu organisieren und der Papa kann’s ja auch genauso gut wie die Mama.

Mama Talks - Katrin - Fotos by Pamela Rußmann
(c) Pamela Rußmann
Mama Talks - Katrin - Fotos by Pamela Rußmann
(c) Pamela Rußmann

War es für dich bereits vor den Kindern eine Bedingung in der Partnerschaft, auf jeden Fall arbeiten zu gehen, wenn Kinder da sind oder ist dieser Wunsch erst gereift mit der Zeit? Musstest du deinen Mann für diese Idee erst begeistern oder war er von vornherein auch dafür?

Konkret hatte ich mir nie Gedanken darüber gemacht, aber grundsätzlich arbeite ich sehr gerne und sehe das genauso als Teil meines Lebens wie das Muttersein – einen Partner, der da eher konservativ eingestellt ist, hätte ich mir also wohl nie ausgesucht! Die Initiative, die Karenz beim ersten Kind gleichberechtigt aufzuteilen, kam sicher von meinem Mann, es war ganz einfach sein Wunsch.
Als ich von meiner zweiten Schwangerschaft erfuhr, war ich innerlich etwas zerrissen, weil mein Job zu diesem Zeitpunkt gerade sehr viel Aufmerksamkeit erforderte und mir der Gedanke, dieses Projekt für eine gewisse Zeit zu verlassen, gar nicht gefallen hat. Als ich dann meine Idee, nach dem Mutterschutz zumindest tageweise wieder einzusteigen, mit meinem Mann besprochen habe, war er sofort dabei, das hat sehr gut getan.

Musste sich dein Mann auch mal „dumme Sprüche“ anhören in der Arbeit, weil er für eine Zeit aussteigt aus dem Job und Hausmann und Papa ist?

Nein, wobei er das auf unsere Branche zurückführt, wo ein solches Modell sicher gängiger ist als in anderen. Freunde, die ebenfalls länger als die gesellschaftlich noch am ehesten tolerierten zwei Monate in Karenz waren, mussten sich das sehr wohl anhören.

Hat dein kleiner Sohn mal rebelliert dagegen, dass du den ganzen Tag außer Haus bist in der Arbeit?

Nein. Weder, als ich nach der Karenz wieder arbeiten ging (da war dann halt einfach der Papa da), noch jetzt als bald Dreijähriger, wo er den Abschied an sich besser versteht. Morgens gehen wir einfach alle aus dem Haus, jeder hat seinen Tagesablauf, das ist für ihn völlig normal. Und das ist mir auch wichtig, ich will, dass meine Kinder sehen, dass Mama und Papa gerne arbeiten, dass Arbeit kein lästiges Mühsal ist. Und dass wir als Elternteile für sie gleichwertig sind, sei es zu Hause oder in der Arbeitswelt.

Mama Talks - Katrin - Fotos by Pamela Rußmann
(c) Pamela RußmannMama Talks - Katrin - Fotos by Pamela Rußmann(c) Pamela Rußmann

Und hattest du umgekehrt auch mal Sehnsuchtsattacken?

An meinem ersten Tag nach der Karenz hat mich eine Kollegin gefragt, wie es denn ist, wieder zu arbeiten. Meine Antwort: „Schön und scheiße“. Natürlich gibt es Momente, in denen ich mich zerrissen fühle, und ich habe mich, vor allem anfangs, oft dabei ertappt, mein „Fehlen“ unter der Woche mit Extra-Aufmerksamkeit am Wochenende „wiedergutzumachen“. Was Blödsinn ist. Mein Sohn hat einen tollen Papa, der vieles besser kann als ich, er hat gottseidank gesunde Großeltern, die liebend gerne Zeit mit ihm verbringen (und da passiert dann sowieso mehr Action als mit Mama). Jetzt, zu Beginn meines Mutterschutzes, war es eher so, dass wir beide uns erst drauf einstellen mussten, plötzlich wieder so viel Zeit miteinander zu verbringen. Was wir aber natürlich total genießen.

Habt ihr unter euren Freunden Nachahmer gefunden? Ist euer Modell auch Vorbild geworden für andere Elternpaare?

Es waren so gut wie alle unserer männlichen Freunde auch in Karenz, ja. So lange wie Axel allerdings keiner und es war dann auch wieder die Frau, die nach Ende der gemeinsamen Karenz auf Teilzeitarbeit reduziert hat.
Wenn ich Bekannten erzählt habe, dass mein Mann zu Hause war, kam aber leider auch sehr oft die Reaktion „Toll, aber das wäre bei uns nicht gegangen.“ Als Gründe höre ich dann oft unkooperative Chefs oder finanzielle Gründe – der Mann verdient halt besser. Das für mich Schlimmste daran ist, dass die Frauen das dann auch einfach hinnehmen, es klingt fast so, als würden sie ihren Mann entschuldigen. Dabei sollten Eltern, und zwar Mütter und Väter gemeinsam, dafür kämpfen, dass jeder, der in Karenz gehen möchte, das auch tun kann, ohne blöde Kommentare, ohne Einschränkungen. Wenn der Mann mehr verdient, muss sich das ändern. Und wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter angesichts einer Elternkarenz unter Druck setzen, darf das nicht sein. Gerade jetzt, wo ich eine Tochter erwarte, werden diese Themen für mich immer wichtiger, und ich hoffe, ich kann ihr in diesen Dingen ein Vorbild sein.

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