Im mittlerweile 5. Beitrag unserer Serie Schwanger sein & Mama werden: Alles was du wissen musst beschäftigen wir uns mit einem absolut wichtigen und auch oftmals tabuisierten Thema „Das Wochenbett – Die ersten Tage nach der Geburt“.
Während es Unmengen an Informationen, Material und persönlichen Erfahrungsberichten über die Zeit vor der und die Vorbereitung auf die Geburt gibt, bekommt man leicht das Gefühl, nach der Geburt alleine gelassen zu werden. Es hat den Anschein, als wäre mit der Geburt die größte Hürde geschafft und als wäre alles nur noch schön und perfekt, wenn das Baby einmal da ist. Dass dann der wirklich herausfordernde Part erst beginnt und, dass es durchaus auch negative Gefühle geben darf, möchten wir in diesem Beitrag thematisieren. Auch unser letzter Artikel Checkliste für Behördengänge nach der Geburt fallen in die Zeit des „Wochenbettes“.
Was ist das Wochenbett genau?
Wie lange das Wochenbett dauert ist sehr individuell und von Frau zu Frau verschieden. Manche sprechen von den ersten 10 Tagen nach einer Geburt, andere von 6 bis 8 Wochen. Grundsätzlich wird als Wochenbett die Zeit zwischen der vollendeten Geburt und der Rückbildung der schwangerschafts- und geburtsbedingten Veränderungen des Körpers bezeichnet. Die hormonelle Umstellung und die Heilung etwaiger Verletzungen, die bei der Geburt entstanden sind, prägen die Zeit des Wochenbetts. In diesen Tagen und Wochen soll sich die Mutter voll und ganz auf das Neugeborene und ihr eigenes Wohl konzentrieren. Wie lange es dauert, bis man sich wieder komplett fit fühlt, hängt von der Schwere der Geburt, den Geburtsverletzungen und von der eigenen Kondition ab. Es sollten aber die psychischen und physischen Anstrengungen, die eine Geburt mit sich bringt keines Falls unterschätzt werden.
Man will natürlich wieder so schnell wie möglich fit sein und mit seinem Baby raus gehen, Leute besuchen und wieder so „funktionieren“ wie vor der Geburt, aber bitte versucht wirklich einen Gang runter zu schalten (oder gleich mehrere), und einfach die neue Situation zu Hause auf euch wirken zu lassen. Denn auch wenn es wirklich abgedroschen klingt aber diese Zeit vergeht so schnell und beim zweiten Kind hat man die Möglichkeit einfach nur noch sehr eingeschränkt, denn da gibt es ja schon jemanden, der Mama braucht. Das heisst auch, wenig Besuche empfangen, den Haushalt mal liegen zu lassen, die Vorzüge von Lieferservices zu genießen und einfach nur für sich und sein Baby da zu sein. Die meisten Väter nehmen sich auch die ersten Wochen nach der Geburt frei und somit ist es eine wirklich wichtige und sehr intime Zeit für die neue kleine Familie.
Darauf sollte man während des Wochenbettes achten
Während sich der Körper an das „Nicht-schwanger-sein“ gewöhnt, sollten körperliche Anstrengungen vermieden werden. Die Zeit nach der Geburt gehört ganz der Mutter und dem Neugeborenen. Sie beginnt meist im Krankenhaus oder Geburtshaus und geht dann in die Zeit der eigenen vier Wände über. Mama und Baby müssen sich jetzt an eine neue Situation gewöhnen und Kräfte sammeln. Auch für den frischgebackenen Papa ist die Zeit des Wochenbettes eine komplett neue Situation und sollte relativ ruhig und entspannt ablaufen. Heisst auch für Papas: keine wichtigen Termine in diese Zeit legen.
Hier haben wir einige Punkte und Tipps, die in der Zeit des Wochenbettes hilfreich sein könnten, für euch zusammengestellt:
- Wochenfluss: Nach der Geburt muss sich die Plazenta zurückbilden und es kommt zum sogenannten Wochenfluss. Dieser dauert etwa 4 bis 6 Wochen. Zu Beginn wird er noch viel Blut enthalten, mit der Zeit besteht die Flüssigkeit dann hauptsächlich aus weißem Wundsekret, dass bei der Heilung der Plazentahaftstelle an der Gebärmutterwand entsteht. Der Wochenfluss kann gerade zu Beginn sehr einschränkend sein, man fühlt sich immer etwas „schmutzig“ und „unwohl“. Häufiges Duschen hilft etwas. Und natürlich dürfen folgende Utensilien beim Wochenfluss nicht fehlen.
- Netzhosen und Binden: Gibt es meist im Krankenhaus, aber zur Sicherheit auch selbst welche besorgen. Leider reichen die uns bekannten Binden für Regelblutungen hier nicht aus, zumindest anfangs nicht.
- Wundheilung bei Geburtsverletzungen (Damm,- und Scheidenriss): Geburtsverletzungen brauchen einige Wochen um wieder richtig zu heilen. Dieser Heilungsprozess verursacht gerade in den ersten Tagen nach der Geburt bei den meisten Frauen Schmerzen – insbesondere beim Wasserlassen und beim Stuhlgang. Vor allem das Sitzen und Gehen kann dabei zur Tortur werden. Ein guter Tipp ist es, die Wunde immer ausreichend zu kühlen. Vor allem damit die Schwellung zurückgeht aber auch, dass der unangenehme Druckschmerz abklingen kann. Gute Tipps sind hierbei Kühlkompressen, Topfenwickel oder einfach nur ein Sitzring auf dem man die ersten Tage etwas „leichter“ sitzen kann. In vielen Krankenhäusern wird auch direkt am Tag nach der Geburt schon sogenannte Softlaser Behandlungen angeboten, die angeblich eine Wundheilung beschleunigen soll.
- Hämorrhoiden: In der Schwangerschaft wird das Auftreten von Hämorrhoiden durch die schwangerschaftsbedingte Weitstellung der Gefäße, den zunehmenden Druck durch die Gebärmutter und das Kind sowie durch Verstopfung begünstigt.Vor allem während der Austreibungsphase der Geburt können Hämorrhoiden entstehen oder sich verschlimmern, da der venöse Rückfluss behindert wird. Hämorrhoiden sind druckempfindlich und oft verbunden mit Schmerzen beim Sitzen oder beim Stuhlgang. Die Rückbildung kann mehrere Wochen dauern. Auch hier ist ein Sitzring eine enorme Unterstützung, aber natürlich auch ballaststoffreiche Ernährung, reichlich Flüssigkeitszufuhr und Bewegung hilft. Natürlich schadet es auch nicht eine Salbe mit Lokalanastäthikum gegen Hämorrhoiden zu besorgen, die schafft auf alle Fälle etwas Linderung.
- Infektionsgefahr: Während des Wochenflusses ist die Gebärmutter sehr anfällig für Infektionen. Deshalb sollte auf umfangreiche Intimhygiene geachtet, keine Tampons verwendet und auf Geschlechtsverkehr verzichtet werden.
- Milcheinschuss: Etwa 2 bis 3 Tage nach der Geburt schießt die Milch ein. Bis dahin wird die sogenannte Vormilch produziert, die in der Regel ausreicht um das Baby in den ersten Tagen zu ernähren. Es ist wichtig das regelmäßig Trinken gleich von Beginn an zu üben, damit wird auch die Milchproduktion angeregt. Hebammen helfen im Krankenhaus oder zu Hause, damit es mit dem Stillen klappt. Aber keine zu hohen Anforderungen an sich stellen: Manchmal kann es auch eine Zeit dauern, bis Mama und Baby aufeinander eingespielt sind. Auch hier ist Geduld und Ruhe ein guter Tipp. Sollte man sich gegen das Stillen entscheiden, oder funktioniert es auch nicht wie gewünscht, gibt es auch eine sogenannte „Abstilltablette“, die direkt nach der Geburt im Krankenhaus verabreicht werden kann. Diese sorgt dafür, dass der Milcheinschuss ausbleibt. Für nähere Informationen bitte unbedingt eine Hebamme dazu befragen.
- Nachwehen: Bei der Rückbildung der Gebärmutter zieht sich die Gebärmuttermuskulatur zusammen, was in Form von Nachwehen spürbar sein kann. Das kann manchmal ziemlich schmerzhaft sein. Häufig haben Frauen, die schon mehrere Kinder auf die Welt gebracht haben, darunter zu leiden, da die Gebärmutter bereits stärker ausgedehnt ist.
- Ruhe: Die Zeit nach der Geburt sollte wenn möglich im Bett oder auf der Couch verbracht werden. Mutter und Kind brauchen Ruhe um sich an die Veränderungen und aneinander zu gewöhnen. Auch wer sich körperlich sehr fit fühlt, sollte sich nicht überanstrengen. Früher oder später wird der Körper die Ruhe dann einfordern.
- Ernährung: In den ersten Tagen nach der Geburt ist die Darmtätigkeit herabgesetzt.Diese Zeit wird häufig von einer leichten Verstopfung und von Blähungen begleitet. Viel Trinken und eine ausgewogene Nahrung helfen den Körper im Wochenbett zu unterstützen.
- Besuchszeiten: Wenn ein Baby geboren wird, dann sorgt das im Verwandten- und Bekanntenkreis für helle Begeisterung. Alle wollen das neue Familienmitglied begrüßen und ihre Glückwünsche aussprechen. Wem ständiger Besuch zu viel ist, der soll das auch klar und deutlich sagen. Lieber am Nachmittag für 2-3 Stunden mehrere Leute gleichzeitig einladen, als über den ganzen Tag verteilt. Anstatt Geschenke, darf dann auch gerne Essen mitgebracht werden – zum Kochen bleibt in den ersten Tagen nach der Geburt oft wenig Zeit.
- Körperliche Rückbildung: Hier haben wir ein paar Tipps in unserem Artikel Sport nach der Schwangerschaft zusammengestellt.
- Beauty & Verwöhnprogramme: Auch als frischgebackene Mama will man sich gepflegt und schön fühlen. Und eine Massage kann auch nicht schaden. Hier empfehlen wir das Medspa in Wien. Ob Frisör, Kosmetik oder Massage, hier ist alles unter einem Dach und da man als Mama meist nur wenig Zeit hat, wird hier soviel wie möglich „gleichzeitig“ gemacht. Und natürlich kann man das Baby auch mitnehmen.
- Lieferservices: Mittlerweile gibt es wirklich coole und gute Alternativen zum Kochen & Kino gehen. Frühstück und Brot (Josephs Brot) kann bei Hausbrot bestellen, gutes Mittag-, oder Abendessen bei Foodora (Mochi!) und die passende Serie im Bett schauen auf Netflix oder ChiliTV.
- Fototermin mit Neugeborenen: Entscheidet man sich für ein Neugeborenen Shooting findet dies am besten in den ersten 12 bis 14 Lebenstagen statt. Hierfür gibt es einige liebevolle und einfühlsame Fotografen. Die Salon Mama Autorin und hauptberufliche Fotografin Pamela Rußmann können wir an dieser Stelle mit bestem Gewissen empfehlen (siehe hier ihr letztes Portrait einer Schwangeren hier auf Salon Mama). Pamela hat ein Gespür für Neugeborenen-Fotos, die nicht kitschig sind, sondern ästhetisch und an denen man sich auch auch noch viele Jahre erfreut. Vor allem kann man es sehr gut mit einem tollen Schwangerschaftsfoto verbinden.
(c) Pamela Rußmann
Betreuung im Wochenbett
Während des Krankenhausaufenthaltes nach der Geburt bekommt die frischgebackene Mutter rund um die Uhr Unterstützung – sei es auf Grund körperlicher Beschwerden, bei der Körperpflege oder auch beim Wickeln und Stillen des Kindes. Auch die medizinische Betreuung ist hier gewährleistet.
Bei einer ambulanten Geburt, bei der das Krankenhaus binnen 24 Stunden nach der Entbindung verlassen wird, steht der Mutter in den ersten 5 Tagen eine Hebamme zur Verfügung. Bei bestimmten Problemen z.B. beim Stillen oder Abheilen des Nabels, sind 7 Hausbesuche möglich. Bezahlt wird das Ganze von der Krankenkassa.
Egal ob nach einem mehrtägigen Krankenhausaufenthalt oder einer ambulanten Geburt, eine Wahlhebamme kann eine sehr große Unterstützung und Hilfe in der dieser Zeit sein. Was eine Wahlhebamme kostet und weitere Infos dazu findet ihr in unserem Artikel: Wie hoch sind die Kosten für eine Hebamme?
Wochenbettdepression
Auf Grund der hormonellen Veränderungen und der neuen Lebenssituation fühlen sich viele Frauen oft überfordert. In den ersten Tagen nach der Entbindung spricht man auch von „Babyblues“, wenn sich die Mutter emotional instabil fühlt. Üblicherweise verfliegt dieses Gefühl aber nach einigen Tagen wieder. Eine sogenannte Wochenbettdepression, geht über die anfänglichen hormonell bedingten Gefühlsschwankungen hinaus. Oft wird diese erste einige Monate nach der Geburt diagnostiziert. Bei einer postpartalen Depression wird unterschieden zwischen Anpassungsstörungen und schweren depressiven Erkrankungen.
Anpassungsstörungen machen rund 70 Prozent der postpartalen Depressionen aus. Sie sind gekennzeichnet durch Gereiztheit, Weinerlichkeit, Angst- und Schlafstörungen. Die Ursache ist häufig eine Überforderung mit der neuen Lebenssituation. Hinzu kommt auch ein enormer Leistungsdruck, den junge Mütter von außen spüren. Die Angst Fehler zu machen und mangelnde Unterstützung von anderen Personen, lässt den Stresspegel kontinuierlich steigen. Viele Frauen können einige Monate mit dieser Situation umgehen, bevor eine Anpassungsstörung diagnostiziert wird. Gegen das Gefühl der Isolation sind vor allem Mutter-Kind-Gruppen und die Betreuung durch eine Hebamme sehr wichtig.
Fühlt sich die Mutter unfähig Entscheidungen zu treffen, hat sie Konzentrationsschwierigkeiten oder Schlafstörungen, und fühlt sie sich depressiv verstimmt, spricht man von einer Depression. Hierbei kommt es oft zu großen Schuld- und Versagensgefühlen, die sich über Monate ziehen können. Die Mutter ist sich in dieser Phase bewusst, dass sie sich nicht ausreichend um ihr Kind kümmern kann. Umso wichtiger ist es in dieser Zeit, die Mutter zu entlasten und professionelle Hilfe zu suchen.
Wir müssen darüber sprechen!
Eine schlimme Wochenbettdepression, die über das anfängliche Unwohlsein hinausgeht, wird oft als negativ in unserer Gesellschaft bewertet. Es herrscht allgemein die Einstellung vor, dass eine Frau nach der Entbindung einfach wieder perfekt „funktionieren“ muss. Ein Baby ist etwas Wundervolles, neben dem Zweifel und Ängste keinen Platz haben. Auch die körperlichen Anstrengungen die eine Schwangerschaft und eine Geburt mit sich bringen, werden oft verharmlost. Vor allem auf Instagram werden oft perfekte, glückliche Mütter präsentiert und der Anspruch erhoben, dass man sich selbst keine Schwäche eingestehen darf. Aber das soll nicht so sein.
Eine Frau muss nach einer Geburt nicht sofort wieder top fit sein und den Alltag mit links bewältigen. Sie darf sich Zeit für sich nehmen und Zeit, um sich an die neue Situation zu gewöhnen. Immerhin verändert sich mit der Geburt eines Kindes das gesamt Leben. Jede Frau erlebt ihr Wochenbett anders, dennoch können wir voneinander lernen. Wir können unsere Erfahrungen teilen und uns zur Seite stehen. Die ersten Tage und Wochen mit dem Baby sind etwas ganz Besonderes. Vor allem nach der Geburt des ersten Kindes – denn diese Zeit wird nie wieder im Leben kommen. Nie wieder wird man so viel Gelegenheit haben, in Ruhe Zeit mit dem Kind zu verbringen. Frei von jeglicher Verpflichtungen und ganz nach den persönlichen Vorstellungen.
Wunderbare Einblicke in die Zeit des Wochenbettes gibt das eBook zum Thema Wochenbett von Hebammenblog.de. Das eBook entstand im Rahmen einer Blogparade und besteht aus vielen tollen und hilfreichen Tipps, persönlichen Erfahrungen und Geschichten aus der Sicht total unterschiedlicher Frauen. Auch die Väter kommen hier zu Wort und erzählen, wie sie ihre Partnerinnen im Wochenbett unterstützt haben.
Genauso wie eine Schwangerschaft und die Geburt, ist das Wochenbett ein sehr persönliches Thema. Jede Frau macht dabei andere Erfahrungen und es wäre nicht zulässig diese Erfahrungen zu verallgemeinern. Wir haben hier versucht, Tipps zu geben und zu informieren und sind natürlich sehr an euren persönlichen Geschichten interessiert. Hinterlasst uns doch ein Kommentar, wenn ihr eure Erfahrungen teilen wollt.